Heftverantwortung: Wolfgang Reißmann
Abstract
Peter Maffay ist jüngst 70 geworden. Das war für diverse Medien ein willkommener Anlass, den Künstler zu befragen: Was er vorhabe und wie er auf seine private Vergangenheit und sein musikalisches
Lebenswerk zurückblicke. So titelte das Bahnmagazin „mobil“ im August: „Zu seinem 70. Geburtstag spricht Peter Maffay über sein Leben zwischen Schnulze und Rock“. Und auf Spiegel Online hieß es
am 23. August: „An die Rente denkt der Musiker offenbar auch mit 70 nicht.“
Peter Maffey steht stellvertretend für ein Phänomen, mit dem sich das vorliegende Themenheft beschäftigt: Immer mehr Größen aus dem Rock- und Popgeschäft kommen in die Jahre, sie werden älter –
als Menschen, die eine Lebensgeschichte haben, zu denen sich öffentliche Narrative verfestigt haben, nicht zuletzt über die mediale und musikjournalistische Begleitung; und als Musiker/-innen und
Bands, die ihren Stil haben und/oder weiterentwickeln, die aber in jedem Fall im Alter nicht aufhören, sondern weiterauftreten und Musik veröffentlichen. In dieser Hinsicht sicher eine Ikone des
alternden Musikers: der späte Johnny Cash mit seinen von der Geste der Vergänglichkeit getragenen Interpretationen bekannter Rock- und Popsongs.
Clemens Schwender hat „Populärkultur und Alter“ schon vor einigen Jahren auf das Tableau der Themen gesetzt, denen wir uns als Verein GAM einmal zuwenden sollten. Nach nicht minder relevanten und
spannenden Themen in den Vorjahren konnten wir im September 2019 nun unsere „Pop-Tagung“ realisieren. Das vorliegende Heft dokumentiert diese Veranstaltung, welche schließlich mit dem Fokus
„Alternde Idole. Popmusik zwischen Resonanzerfahrung und Nostalgiewirtschaft“ ausgerichtet wurde.
Pop und Rock waren lange Zeit demonstrativ mit Juvenilität verknüpft. Freilich schreibt sich dieses Narrativ fort, wenn Persönlichkeiten wie Mick Jagger oder Keith Richards auch im höheren
Lebensalter unablässig weiterzurollen scheinen. Gleichzeitig – so eine Ausgangsthese der Tagung und dieses Heftes – scheint aber auch die öffentliche Akzeptanz alternder Rock- und Pop-Stars als
ältere Menschen gestiegen zu sein. Man stört sich weniger an der Präsenz alternder Körper, vielleicht auch weniger an alternden Stimmen, an nicht mehr ganz so geschmeidigen Choreografien. Es ist
sicher nicht übertrieben, von einer Normalisierung und Gewöhnung alternder Idole der Popmusik zu sprechen.
(aus dem Editorial von Wolfgang Reißmann)
Inhaltsverzeichnis
Wolfgang Reißmann
Editorial
Manuel Menke
Das Erinnern an Musik und seine soziale Bedeutung in von Medien durchdrungenen Gesellschaften
Alexander Endreß
Nostalgiewirtschaft oder Vermarktungsvorteile durch Alter? Innovative und traditionale Vermarktungsstrategien für ältere Musikkünstler/-innen (am Bsp. der Recorded Music Industry)
Stefanie Bingener
Alter steht für Radikalität und Meisterschaft: Auf zeitloser Reise mit Udo Lindenberg
Dirk Medebach
„Not Dead Yet“: Das Altern von Phil Collins zwischen Event und Medialisierung
Lorenz Gilli
„Age, actually, is an asset“: Über ‚alternde Idole‘ der Electronic Dance Music und über Nostalgie- und Resonanzerleben
Wolfgang Reißmann, Shauna Buchholz, Christiane Diemer, Laura Di Muzio, Larissa Faix, Lena Heinrich, Regina Schrempf, Themistoklis Theodoridis, Jana Weyer & Anna Zierer
„Forever Young“? – Alternde Popmusikfans über ihr Leben mit alternden Stars: Ergebnisse eines Forschungsseminars
Spektrum
Christina Maiwald
Musikorientierte intergenerative Begegnungen im Pflegeheim – Eine explorative Studie zu Chancen und Limitationen
Rezensionen